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Abgasnachbehandlung 26. März 2024

„NOx-Sensoren sind keine einfachen Teile“

Was in der Serie die Emissionen senkt, stellt Werkstätten und Handel vor große Herausforderungen. Insbesondere, weil die Fahrzeughersteller nicht mit offenen Karten spielen. Im amz-Interview erklärt IKA-Geschäftsführer Dr. Roman Schoenen die Schwierigkeiten mit dem Bauteil.

Dr. Roman Schoenen ist Geschäftsführer der IKA Industrie- und Kraftfahrzeugausrüstung GmbH aus Königswinter.
Dr. Roman Schoenen ist Geschäftsführer der IKA Industrie- und Kraftfahrzeugausrüstung GmbH aus Königswinter.

Die Marke Gebe hat sich als Elektrik- und Abgasnachbehandlungsspezialist im Bereich der Stickoxid-Sensoren stark aufgestellt und betreibt am Standort der IKA Industrie- und Kraftfahrzeugausrüstung GmbH in Königswinter ein einiges Labor, um die Sensoren auf Herz und Nieren prüfen zu können. Warum dies so wichtig ist, erfahren Sie im nachfolgenden Interview mit Dr. Roman Schoenen, Geschäftsführer IKA Industrie- und Kraftfahrzeugausrüstung GmbH.

Herr Schoenen, wenn man den NOx-Sensor mit der technisch eng verwandten Lambda-Sonde vergleicht, was unterscheidet die beiden Teile im Handling und in Distribution und was macht den NOx-Sensor so kompliziert?

Dr. Roman Schoenen: Im Vergleich zur Breitbandlambdasonde handelt es sich beim NOx-Sensor um ein deutlich komplexeres Produkt. Um ein besseres Sensorsignal der NOx-Werte unverfälscht an das Motorsteuergerät zu übertragen, besitzt der Sensor ein eigenes Steuergerät, mit dem es über CAN-Bus mit dem Motorsteuergerät kommuniziert. Neben den Messwerten werden darin auch Spannungs- und Temperatureinflüsse kompensiert. Durch einen veränderten inneren Aufbau des Sensorkopfes kann er zeitgleich neben den NOx-Werten auch Messungen über Restsauerstoff durchführen. Im Rahmen der OBD wird dieser Sensor daher deutlich präziser auf Plausibilität überwacht.

Warum ist es so wichtig, dass Sie Sensoren, die im Feld ausfallen, umgehend wieder zurückerhalten?

Bei der Komplexität des Bauteils ist es wichtig, die genaue Ursache des Ausfalls herauszufinden, diese liegt nicht selten im Umfeld. Dazu benötigen wir zu der üblichen Dokumentation auch unbedingt die Fahrgestellnummer und den Fehlerspeicherausdruck. Der Sensor wird innerhalb 24 Stunden nach Wareneingang in unserem Labor geprüft und mit der Beanstandung des Kunden abgeglichen. Anhand dessen können wir den Mangel exakt analysieren und reagieren. Sollte sich z.B. herausstellen, dass ein Fahrzeughersteller bei einem Werkstattbesuch ein Softwareupdate, also eine sogenannte produktverbessernde Maßnahme durchgeführt hat, erkennen wir sehr häufig Auswirkungen auf die Soll- und Istwerte der Abgassensoren, die im Motorsteuergerät hinterlegt sind. Wir können dann zeitnah die Werte anpassen und mit unseren Prüfeinrichtungen einzelne Sensoren mit neuer Software versehen.

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Was kann der Handel hier tun, um seine eigenen Kunden zu unterstützen und seine Retourenquote gering zu halten?

Es beginnt mit der richtigen Teileidentifikation, die durch zahlreiche Ersetzungsketten beim NOx-Sensor auf exzellente Produktdaten angewiesen ist. Die optische Prüfung des Sensors kann auf Fehlfunktionen im Umfeld hinweisen, die ebenfalls behoben werden müssen. Auch das Anlernen und die Anpassung des Sensors nach dem Einbau muss einer bestimmten Routine folgen.       

Die Sensoren werden ja – abhängig von Hersteller und Fahrzeug, mehrfach verbaut. Man unterscheidet hier zwischen dem vorderen und dem hinteren Sensor. Warum Ist dies eine Herausforderung für die Betriebe?

Generell nimmt die Anzahl der unterschiedlichen Sensoren im Abgassystem stark zu. In einem handelsüblichen Golf 8 (4 Zylinder 2.0 TDI) sind insgesamt drei NOx-Sensoren verbaut, die mit Ihren elektrischen Leitungen und Anschlüssen im nicht sichtbaren Bereich liegen. Parallel dazu gibt es vier Abgastemperatursensoren sowie einen Partikelsensor und einen Differenzdruckgeber, die alle mit Steckverbindungen versehen sind. Hinzu kommen die unterschiedliche Anordnung und diverse Kombinationsmöglichkeiten von Oxidations-, SCR-Katalysatoren und Partikelfiltern sowie weiteren Vorfiltern. Dadurch kann es hier leicht zu Verwechslungen bei der elektrischen Prüfung der Sensoren kommen. Die Probleme treten teilweise jedoch schon bei der Abfrage des Fehlerspeichers auf, wenn hier ein defekter Sensor z.B. mit dem Zusatz „vor Katalysator, Sensor A, Sensor Bank 1“, oder auch nur „Sensor Reihe 1“ betitelt wird. Denn sucht man später dann im OE-Teilekatalog nach dem Artikel, um die Ersetzungskette zu prüfen, sind die Bezeichnungen in den meisten Fällen wieder anders.

Sie listen aktuell rund 472 Referenzen für Pkw, leichte Nutzfahrzeuge und schwere Lkw. Wie hoch ist die Marktabdeckung, die Sie damit erreichen? Und wie hoch ist der Anteil am Markt der NOx-Sensoren?

Das Gebe-Portfolio deckt zurzeit über 15.000 verschiedene Fahrzeuganwendungen ab. Damit bieten wir international die größte Marktabdeckung im freien Teilehandel. 

Sie haben sich ein eigenes Prüflabor aufgebaut und personell aufgestockt – war das wichtig für den Erfolg im Bereich NOx-Sensoren?

Das technische Verständnis in diesem Software-lastigen Produktbereich ist essenziell für den Markterfolg. Ohne diese Fähigkeiten vor Ort, könnten wir unseren Ansprüchen an Produktqualität und Reaktionsgeschwindigkeit nicht gerecht werden. 

Mit dem Labor und viel Erfahrung aus dem täglichen Handelsgeschäft haben Sie viel Wissen in diesem Bereich gesammelt. Bieten Sie den Handelspartnern auch Schulungen und Weiterbildungen im Bereich NOx-Sensoren an?

Die Kompetenz, die wir im gesamten Bereich der Abgasstrang-Sensorik aufgebaut haben, teilen wir mit unseren Partnern, um im freien Teilhandel gemeinsam erfolgreich zu sein. Dazu gehören Produktinformationen und Technik-Tipps in verschiedenen Formaten sowie maßgeschneiderte Trainings für unsere Kunden vor Ort.      

Kürzlich haben Sie eine Kooperation mit der Hazet angekündigt – auch im Zusammenhang mit NOx-Sensoren. Können Sie dazu etwas sagen?

Mit Hazet konnten wir ein Werkzeugset für den Austausch von NOx-Sensoren entwickeln, das ab April exklusiv bei Gebe verfügbar ist. Es umfasst Lösewerkzeuge und Gewindeschneider sowie eine speziell abgewinkelte Ring-Maul-Knarre zum Antrieb auf engstem Raum.

Mit ihrer Marke Gebe waren Sie in der Vergangenheit im Bereich der Kfz-Elektrik zu finden. Mit den NOx-Sensoren sind Sie nun bei vielen Aftermarketgrößen und Teilehändlern sowie im Internet sehr prominent gelistet. Gab es hier einen Strategieschwenk für ihre eigene Marke?

Die Marke Gebe war von ihren Ursprüngen her im Elektrik-Bereich fokussiert und hat ein jahrzehntelanges internationales Renommee. Durch gezielte Akquisitionen und den Aufbau neuer Fähigkeiten haben wir die Transformation zum Sensorik-Spezialisten vollzogen und konnten uns als relevante Größe im Abgasstrang positionieren. Die Strategie ist die gleiche wie 1906: Das stärkste Leistungsversprechen am Markt.       

Vielen Dank für das Interview!

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